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Hände, Herz und Kopf - Der Schlüssel für Kreativität, Innovation und Kommunikation

Hände, Herz und Kopf - Der Schlüssel für Kreativität, Innovation und Kommunikation

Wann hast du zum letzten Mal bewusst deine Hände wahrgenommen? Wie sie fast unbemerkt im Rhythmus unseres Lebens an unserer Seite sind und uns in jeder Lebenslage loyal und stumm unterstützen. Jeder einzelne Tag beginnt mit einem perfekt abgestimmten Ablauf von Dingen, die gehoben, gezogen, gekratzt, gedreht, geöffnet, geschlossen, geputzt, geschält, geschmiert, gebraten, gewendet, geschnitten werden müssen. Jeder Handgriff sitzt. Unsere Hände bewältigen diese virtuose Darbietung ganz ohne unser bewusstes Zutun. Wir müssen nicht eine Sekunde darüber nachdenken, was unsere Hände für uns tun sollen. Und nun stell dir vor: Was würden wir ohne unsere Hände machen?!

Wenn wir uns diese Antwort bewusst machen, erzeugt das schnell ein flaues Gefühl im Magen. Wir können da nur schwer hindenken. Und müssen es zum Glück auch meist nicht. Der Verlust unserer Hände ist kaum vorstellbar. Umso wichtiger ist es deshalb, uns unserer Hände und ihrem Können bewusst zu werden, es zu verstehen und es nutzen zu lernen.

Über den Verlust unseres Kopfes müssen wir uns gar nicht erst den Kopf zerbrechen :) Die Notwendigkeit unseres Gehirns steht außer Frage. Aber auch hier lohnt sich ein genauerer Blick auf den Wert dieses Organs. Deswegen wollen wir zu Beginn unserer Entdeckungsreise erstmal die angesprochenen Körperteile näher
unter die Lupe nehmen.

 

Hände, Herz und Kopf - Der Schlüssel für Kreativität, Innovation und Kommunikation

 

Teil 1 - Unsere Hände

 

Die menschliche Hand ist das vielschichtigste Bewegungsorgan, das überhaupt existiert. Es gibt kein anderes Körperteil, mit dem ein lebendiges Wesen so vielfältige Bewegungen ausführen kann wie der Mensch mit seinen Händen - im Zusammenspiel mit Armen, Schultern und Rumpf.

Unsere Hände sind hochkomplexe Präzisionswerkzeuge, bestehend aus je 27 Knochen, 33 Muskeln und den dazugehörigen Sehnen und Bändern. Sie sind das einzige Organ, auf dem einer unserer fünf Sinne außerhalb des Kopfes lokalisiert ist - der Tastsinn mit seinen ca. 17.000 Tastkörperchen.

Ohne zu tief in die Evolution des Menschen einzutauchen, möchte ich hier mit dir ein paar wesentliche Merkmale des Homo sapiens (also uns, dem Menschen, der heute auf der Erde lebt) teilen. Diese Grundlagen lassen uns Rückschlüsse ziehen. Die wissenschaftlichen Thesen, die uns hier interessieren, sind:


01 Unser Gehirn und unser Bewegungsapparat entwickeln sich in gegenseitiger Abhängigkeit.


02 Der endgültige Auslöser für die Abspaltung der Menschen von den Primaten war das wachsende Repertoire der Handbewegungen, durch das der Werkzeuggebrauch begünstigt wurde.


03 Die Zunahme des Gehirnvolumen hing u.a. direkt mit einem immer geschickteren Umgang mit Werkzeugen zusammen.

 

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Was bedeuten diese Thesen nun? Die menschliche Hand musste sich erst einmal entwickeln. Die Entwicklung eines Daumens, der in Opposition zu den restlichen vier Fingern steht, spielt dabei die Schlüsselrolle. Denn nur jetzt können Gegenstände zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger eingeklemmt werden - der sogenannte “Drei-Punkte- Feingriff”. Auch die Weiterentwicklung der Elle (großer Unterarmknochen) hat dazu geführt, dass wir unsere Handgelenke kippen können und Schwung mit den Armen holen können.

 

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Dank dieser Veränderungen können wir als Mensch mit dem Drei-Punkte-Feingriff unregelmäßig geformte Objekte mit der Hand greifen. Wir können mit Gegenständen, die zwischen Daumen und den Spitzen von Zeige- und Mittelfinger gehalten werden, sehr akkurat arbeiten. Und da unser Handgelenk Rückschläge absorbieren kann, können wir harte Schläge austeilen und sehr viel Kraft ausüben.
Die menschlichen Hände können also nicht nur Werkzeuge bedienen, sie sind selbst welche.

Außerdem hat schon Darwin darauf hingewiesen, dass mit der Entwicklung des aufrechten Gangs die Hände der Verpflichtung entbunden sind, das Körpergewicht zu tragen und sich nun natürlich anderen Aufgaben widmen können.

Der zunehmende Gebrauch der Hände und damit der Werkzeuge hat selbstverständlich einen entscheidenden Überlebenswert. Umso geschickter man seine Hände benutzen konnte, umso besser konnte man sich in seiner Umwelt zurechtfinden. Und umso schneller entwickelte sich das eigene Gehirn. Was wiederum neue Werkzeuge entstehen ließ, usw. Das ist Innovation.

Es wird davon ausgegangen, dass die Veränderung der Umwelt auch die Entwicklung der Sprache in Gang gesetzt hat. Mit einem komplexeren Alltag mit Gebrauch unterschiedlicher Werkzeuge entstand die Arbeitsteilung und damit logischerweise die Notwendigkeit von Kommunikation. Man musste sich absprechen.

Wenn sich also der Einsatz der Hände, der Gebrauch von Werkzeug und die Sprache parallel entwickelt haben, dann ist uns Menschen dieses Zusammenspiel in die Wiege gelegt. Der intelligente Gebrauch der Hand ist dann eine wichtige menschliche Kraft, die unseren Verstand prägt. Wenn unsere Hände und unser Hirn gemeinsam arbeiten, verbinden sie Bewegung, Denken und Fühlen miteinander. Wir lernen.


Fassen wir nochmal zusammen

 

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Unsere Hände sind die komplexesten, feinmotorischsten Werkzeuge, die die Evolution hervorgebracht hat. Die Entwicklung unserer menschlichen Hand hat uns die Fähigkeit gegeben, Werkzeuge zu benutzen, uns gegenseitig abzustimmen, neue Ideen zu entwickeln, um wieder neue Werkzeuge entstehen zu lassen. Die Innovation war geboren und damit auch unsere Kultur: Sprachen, Rituale, Kunst, Handwerk, Landwirtschaft, Handel. Unsere Hände und ihr Können stehen am Anfang einer unglaublichen Entwicklung menschlicher Innovation.

Es wird Zeit, unseren Händen mehr Aufmerksamkeit zu schenken und bewusst und dankbar zu sein für die Millionen Kleinigkeiten, die sie ein Leben lang für uns erledigen.

 

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Der Daumen


Der Daumen ist einer der wichtigsten Teile am menschlichen Körper:
Man kann ihn lutschen;
Als Kellner kann man ihn beim Servieren in der Suppe halten;
Man kann ihn sich irgendwo hin stecken, um ihn warm zu halten;
Man kann ihn nach oben zeigend recken, um zu zeigen, daß es einem gut geht;
Man kann ihn auch nach unten zeigend recken, um zu zeigen, daß es einem schlecht geht;
Man kann ihn anderen auf's Auge drücken;
Man braucht ihn zum Geldzählen - wenn man welches hat;
Man kann in einem Buch Eselsohren damit anlegen;
Man kann Anhalter damit spielen;
Man kann Haustürklingeln damit in Gang setzen;
Man kann nach hinten über die Schulter gerichtet damit anzeigen, daß jemand verschwinden soll;
Man kann als Nasenbohrer nicht auf ihn verzichten, um "Kügelchen" zu drehen;
Man braucht ihn, um Hosen-Hemden-Blusen-und andere Knöpfe damit zu knöpfen;
Man kann an Büstenhaltern und Korsetts die Haken damit öffnen;
Man kann als Mann in der Hosentasche Ausbeulungen damit erzeugen, die etwas vortäuschen, was nicht da ist;
Man kann ihn zwischen Zeige-und Mittelfinger stecken, um damit obszöne Andeutungen zu machen;
Man kann bei einem Rohrbruch das Loch solange damit abdichten, bis der Installateur kommt;
Man kann auch seinen Abdruck bei der Polizei abgeben, für den Fall, daß man mal seine eigene Identität vergißt.
Man kann nach dem Öffnen einer Sektflasche mit dem Daumen die Öffnung abdichten, die Flache schütteln,
und mit den Umstehenden dann neckische Spiele betreiben.
Was wären wir Menschen ohne unsere Daumen?

WILLY MEURER
Deutsch-kanadischer Kaufmann, Aphoristiker und Publizist

 

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Teil 2 - Unser Kopf

Unser Gehirn ist eines der wichtigsten und kompliziertesten Organe. Es ist zuständig für die Steuerung sämtlicher lebensnotwendigen Körperfunktionen, ermöglicht uns das Denken und Erinnern und ist das Zentrum unseres emotionalen Erlebens.

Unser Hirn arbeitet wie ein riesiger Supercomputer, der aus 100 Milliarden Nervenzellen besteht. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist seine Lernfähigkeit. Es verarbeitet externe Sinneseindrücke und Informationen unseres eigenen Körpers und schickt Botschaften in alle Bereiche unseres Körpers zurück.

 

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Doch unser Gehirn kann weit mehr als eine Maschine: Mit dem Gehirn denken und fühlen wir, hier liegen die Wurzeln unserer menschlichen Intelligenz und Kreativität.

Die Betrachtung des Hirns ist aus vielen Perspektiven möglich und nahezu unerschöpflich. Für die Wissenschaft hält das Gehirn noch unzählige offene Fragen bereit. Wir möchten uns näher mit den Beobachtungen beschäftigen, was genau bei uns im Kopf passiert, wenn wir kreativ tätig sind.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben festgestellt, dass bei kreativen Tätigkeiten die Aktivität im medialen präfrontalen Kortex, einem Teil des Belohnungssystems, steigt. Hauptakteur dabei ist der Glücksbotenstoff Dopamin. Diese gesteigerte Aktivität hilft dir dabei, dich wohl zu fühlen und deine Ziele zu erreichen: Du kannst dich besser konzentrieren, deine Emotionen regulieren, planen
und Entscheidungen treffen.

 

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Neueste Forschungen der Neuroästhetik zeigen zudem, dass nicht nur das eigene kreative Schaffen, sondern auch schon das reine Wahrnehmen ästhetischer Impulse, also Dinge, die uns berühren - wie Kunst, Musik, Literatur - das Ruhezustandsnetzwerk aktiviert. Das Ruhezustandsnetzwerk - auch Default Mode Network (DMN) genannt - ist eine Gruppe von Regionen im Hirn, die aktiviert werden, wenn der Mensch ruht und keinerlei Aufgaben nachgeht. Es unterstützt die nach innen gerichteten Prozesse, wie zum Beispiel Selbstreflexion. Unser Gehirn ist also beim Gedanken-Schweifen, Tagträumen und vermeintlichen Nichtstun dennoch sehr aktiv. In diesem Aktivitätsmodus ist unser Gehirn damit beschäftigt, Informationen neu zu sortieren, neu zu verbinden und neu zu speichern. All dies geschieht ohne bewusst den Verstand zu nutzen. Aus diesem Grund kann es zu Gedankenblitzen, zu Aha-Momenten und zum Auftauchen spontaner innerer Bilder kommen.

Unser Gehirn ist ein Mechanismus, der es liebt, Sinnhaftigkeit, Ordnung und Bedeutung zu schaffen. Es möchte einzelne Informationen verbinden, Muster erkennen, Logik entdecken und dadurch Verstehen und Lernen. Und nebenbei ohne unser bewusstes Zutun erschafft unser Hirn neue neuronale Bahnen und schüttet bei positiven kreativen Tätigkeiten Serotonin, Dopamin und Oxytocin aus.

 

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Diese drei Botenstoffe sind die wichtigsten Glückshormone, die in ihrer Wechselwirkung einen positiven Einfluss auf unser Wohlbefinden haben – sowohl psychisch als auch physisch. Wir entspannen uns, Herzfrequenz und Blutdruck normalisieren sich, Schmerzen werden gelindert und die Konzentration wird gesteigert. Wer sich also aktiv oder passiv mit Tätigkeiten oder Dingen beschäftigt, die ihn berühren und das menschliche Bedürfnis nach Harmonie und Schönheit erfüllen, trägt zu einem körperlichen und seelischen Zustand bei, der ihm hilft Wahrnehmungen zu reflektieren und neue Antworten auf eigene Fragen zu bekommen.

Wer regelmäßig positive Gedanken und Gefühle hat, baut seine neuronalen Autobahnen aus und hilft, auf neue Fragen und Anforderungen im Leben einen förderlichen Weg zu finden. Diese Wirkungsweise macht sich auch die Kunst- und Kreativtherapie zu Nutze.

Fun Fact: In Kanada werden seit 2018 Museumsbesuche als therapeutisches Mittel auf Rezept verschrieben.

 

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Teil 3 - Wie entsteht Intelligenz? - Eine Annäherung

 

Die Frage nach der Entstehung von Intelligenz versetzt eine Vielzahl von unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen in große Faszination. Es ist ein höchst rätselhafter Prozess, auf den es viele Antworten und noch mehr Fragen gibt. Wir möchten uns dieser Frage aus der kognitiven und motorischen Perspektive nähern.

Unter Intelligenz verstehen wir die Fähigkeit, Fakten zu sammeln, zu gewichten, aufeinander zu beziehen, um Probleme zu lösen. Damit sind wir im Tierreich nicht die einzigen Lebewesen, aber zwei Strategien verdanken wir unsere besondere Stellung:

Erstens: Wir haben schon und werden noch ein unglaublich großes Repertoire an Werkzeugen erschaffen und uns zu Nutze machen. Einige sind ganz einfach wie Hebel oder Rollen, andere weitaus komplexer, wie beispielsweise Autos und Computer. Wir Menschen haben uns die Technik zur Überlebensstrategie gemacht.

Zweitens: Wir beherrschen Sprachen; und zwar viele unterschiedliche Arten: gesprochene Sprache, Körpersprache, Mimik, Codes und Symbole. Wir haben uns ein System geschaffen, in dem Objekte und Ereignisse - und deren Bedeutung in der wirklichen Welt - durch Übereinkommen definiert sind. Wir haben Programmiersprachen erfunden, mit denen Menschen weltweit, unabhängig davon, welche Sprache sie sprechen oder lesen können, gemeinsam an einer Technologie arbeiten können.

 

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Unser Verhalten wird durch den komplexen Gebrauch von Werkzeugen und Sprache geprägt. Würde eins davon fehlen, könnten wir als Gesellschaft nicht weiter bestehen. Wenn beide Strategien aber zusammenkommen, entwickelt sich das, was wir allgemein als Kultur bezeichnen: die Mitteilung und Weitergabe von Wissen mit einem gemeinsamen Ziel.

Intelligenz wird oft ausschließlich mit der Entwicklung des Geistes in Verbindung gebracht. Dabei geht die aktuelle Wissenschaft von einer wechselhaften Entwicklung zwischen Hand, Denken und Sprache aus. Die Hände gehören ebenso zu den wichtigsten Erkenntnisorganen, wie die Augen und Ohren. Nur mit dem Geist ist die Welt nicht zu verstehen. Indem wir handeln und etwas aktiv in der Welt beitragen, erfassen wir die Welt. Wir möchten uns mit unseren Taten und Dingen, die wir erschaffen, in der Welt ausdrücken. Unsere Hände sind Werkzeuge unseres Geistes.

 

Die Hand spricht mit dem Gehirn genauso sicher, wie das Gehirn mit der Hand. - Robertson Davies

 

Dieser Text wird fortgesetzt. Bleib dran.

 

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